Knorpel

Anatomie und Funktion

Der Gelenkknorpel vereinigt in einzigartiger Weise Materialeigenschaften, die bis heute von keinem industriell hergestellten Werkstoff erreicht werden. Er besteht aus den Knorpelzellen (Chondrozyten) und einem umgebenden stützenden kollagenen Netzwerk (Proteoglykane), welches in hohem Maße Wasser binden kann. Die Widerstandsfähigkeit des Knorpels bleibt unter normalen Umständen auch bei altersbedingten Veränderungen erhalten.

Auch in Fällen von kleinen Schäden sind Knorpelzellen in der Lage, durch Neusynthese der Proteoglykane die Verluste auszugleichen. Kommt es im Bereich des hyalinen Knorpels jedoch zu einem pathologischen Verschleißprozess, so tritt ein irreparabler Schaden mit totalem Knorpelverlust auf, der in einer Arthrose enden kann. Die genauen Mechanismen des arthrotischen Knorpel-Untergangs sind jedoch noch weitgehend ungeklärt.

Der Fokus wissenschaftlicher Bemühungen ist daher auf die weitere Erforschung des Knorpeluntergangs gerichtet, um daraus neue Therapie-Methoden entwickeln zu können.

Knorpelshaving

Die Knorpelglättung wird bei Verschleiß bedingten Rauhigkeiten (Arthrose) des Gelenkknorpels angewendet. Auch wenn nach einem Unfall ein Defekt mit instabilen Rändern besteht, so kann der Defekt durch eine Knorpelglättung stabilisiert werden. Ziel ist es das weitere Abreißen von Knorpelschuppen einzudämmen und somit die Reizreaktion der Gelenkschleimhaut zu Reduzieren.

Hierbei gilt jedoch die Maxime nur instabilen geschädigten Knorpel zu entfernen. Der restliche Knorpel muss unbedingt erhalten werden.

Microfracturing

Die Mikrofrakturierung stellt ein knochenmarkstimulierendes Verfahren dar und findet Anwendung bei begrenzten Knorpelschäden, die bis auf den Knochen reichen.

Hierzu hat sich eine Methode des amerikanischen Chirurgen Dr. Steadman bewährt, der Anfang der achtziger Jahre die so genannte Mikrofrakturierung einführte. In den folgenden Jahren hat er bei zahlreichen Weltklasseskiläufern und anderen Profisportlern mit dieser Methode erfolgreich Knorpeldefekte mit Ersatzknorpel auffüllen können.

Im Rahmen einer Kniegelenksarthroskopie werden mit Hilfe einer spitz zulaufenden Ahle kleine Löcher in den Knochen unter der fehlenden Knorpelschicht eingebracht.

In der Folge kommt es zu einer Blutung aus dem Knochen und Blutstammzellen haften an der Stelle der Mikrofrakturierung an. Unter Entlastung des Kniegelenks und Bewegung mittels Motorschiene differenzieren sich diese Blutstammzellen nach einigen Monaten zu Faserknorpel und füllen dadurch den Knorpeldefekt auf. Dies ermöglicht dem Patienten Schmerzfreiheit bei normaler Belastbarkeit.

Knorpelzelltransplantation
Knorpelzellzüchtung ACT

Neue Möglichkeiten in der 4. Generation

Die autologe Knorpelzelltransplantation- oder Implantation (ACI) wurde Anfang der 90iger durch ein schwedisches Forscherteam entwickelt. Dabei wird aus einem nicht belasteten Areal des Gelenkes bei einer Arthroskopie ein kleines Stück Knorpel entnommen. Anschließend wird es mit einem Spezialverfahren von seinen Fasern befreit und die nun frei gewordenen Knorpelzellen sozusagen im Reagenzglas durch Züchtung vermehrt. Etwa nach vier bis sechs Wochen werden die angezüchteten Zellen wieder eingepflanzt.

Bisher war dieses nur in einem offenen Verfahren sicher möglich, bei dem der Knorpeldefekt entweder noch mit Knochenhaut übernäht wurde oder die Zellen in einem Vlies/Gel (Matrix) eingepflanzt wurden. Mit der neusten Generation der ACT, den so genannten Sphäroiden (Arthrocell 3 D, Fa. Codon), ist es nun möglich, das Widereinbringen der gezüchteten Zellen (Transplantation) ebenfalls voll arthroskopisch durchzuführen. Die Zellen sind hierbei zunächst zu 3-dimensionalen Kügelchen zusammengefasst, die sobald sie mit dem vorbereiteten Defektlager Kontakt aufnehmen ihre „Verbindungsmoleküle“ (Adhäsionsproteine) ausfahren und nach 20 Minuten mechanisch stabil am Knochen anhaften. In der Folge wachsen die Knorpelzellen in den Defekt ein, bis dieser komplett ausgefüllt wird.

Mit dieser Technik können nun Knorpeldefekte am Knie- und Hüftgelenk voll arthroskopisch therapiert werden. Für diese neue Technik gründeten Spezialisten eine Arbeitsgemeinschaft zur arthroskopischen Knorpelzelltransplantation, die zum ersten Mal am 14.10.06 in der ATOS Klinik Heidelberg tagte. Durch intensiven Austausch und Entwicklung entstand hierdurch ein sichere vollarthroskopisch anwendbare Technik, die mit minimalem Weichteiltrauma durchgeführt werden kann.

Detailinfo

Orthopädie und Unfallchirurgie 2007; 145